Ich beschäftige mich heute mit dem Thema Grenzen setzen und mich selbst in den von mir gesetzten Grenzen halten zu können: mich selbst so sicher in mir zu halten, dass ich mit der Reaktion der "Welt" und aller beteiligten Personen umgehen kann, die durch meine neu kommunizierte Grenze entsteht. Ich beobachte, wie ich immer noch unbewusst in alte Muster zurückfalle und versuche, Schuld und Scham zu kompensieren, die durch meine Grenzziehung entstehen. Ich setze meine Grenze und tue dennoch irgendwie mehr in anderen Bereichen, um einen Ausgleich für mein "Nein" zu schaffen.
Ich mache jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass ich mich in immer schwierigeren Situationen, in denen ich meine Grenzen setze, halten kann und mit dem Gefühl umgehen kann, zurückgewiesen oder beurteilt zu werden. Ich bewundere, wie viel Schmerz ich aushalten kann, wie wenig dieser Schmerz eigentlich ist im Vergleich zur Angst vor dem Schmerz und wie viel Freiheit in mir dadurch entsteht.
Unsere persönliche Freiheit und das Setzen von persönlichen Grenzen steht immer wieder im Konflikt mit den Erwartungen anderer Menschen und der Gesellschaft und birgt Konfliktpotenzial. Können wir in dieser persönlichen Freiheit leben, indem wir unsere Grenzen setzen und kommunizieren, und in den Konflikten, die sich ergeben, neutral bleiben? Die andere Person nicht verurteilen? Können wir in einem liebevollen und verständnisvollen Zustand für uns selbst und für den schwierigen Prozess des anderen bleiben, ohne nachzugeben, zu kompensieren oder etwas zu tun, das uns aus unserer Mitte bringt?
Ich spüre meine Mutter-Wunde, "meinen Kindern nicht genug zu geben", wieder stark pulsieren, auch die Wunde meiner Mutter, nicht genug gegeben zu haben und die Wunde meines inneren Kindes, nicht genug zu sein und nicht "Nein" sagen zu dürfen, weil ich sonst nicht mehr geliebt werden könnte.
Ich spüre das Bedürfnis, Schuld, Scham und Wut einfach anzunehmen und in mir zu tragen, sie vielleicht sogar aufblühen zu lassen. Die Gefühle mit ihrer Kraft und Macht in mir tanzen zu lassen, ohne die Geschichten, die Worte oder die alten Muster wieder aufleben zu lassen, ohne durch Kompensation in ein Gleichgewicht zu kommen.
Der Begriff des Gleichgewichts schwingt in mir immer wieder mit. Oft versuchen wir Gleichgewicht im Aussen zu erzeugen, indem wir schauen, dass das Geben und Nehmen in “Gleichgewicht” ist, echtes Gleichgewicht ist aber nur in sich selber zu finden und kann nur innerlich Geschehen, kann und wird aber dann natürlich auch eine Auswirkung auf die Aussenwelt haben. Ich gebe, um zu geben und erwarte nichts anderes als das, was ich nach aussen hin klar kommuniziere. Zum Beispiel: Ich teile mich einem Gegenüber mit und erwarte eine Antwort oder ein gegenseitiges Teilen. Was geschieht, wenn nichts zurückkommt? Kann ich mich in diesem leeren Raum halten? Was löst das in mir aus? Welche Bedürfnisse habe ich, die im Moment nicht erfüllt werden? Wie kann ich diese Bedürfnisse selbst befriedigen? Welche (unbewussten) Erwartungen habe ich an mein Gegenüber? Woher kommen diese Erwartungen? Habe ich diese "Muster" (gegenseitige Erwartungen) in menschlichen Beziehungen aus der Kindheit oder der Gesellschaft übernommen?
Durch die andere Person lernen wir uns selbst kennen, und jedes Mal, wenn wir nicht bekommen, was wir wollen, und dies eine Reaktion in uns auslöst, können wir unsere (unbewussten) Erwartungen und Bedürfnisse wieder ans Licht bringen und sie entweder selbst erfüllen oder bereinigen.
Ich möchte mich selbst so akzeptieren, wie ich bin, in jedem Moment meines Seins und jeder momentanen Wahrheit. Ich bin nicht klein oder unbedeutend. Ich will mich nicht mehr in Frage stellen. Einfach sein. Mich in jeder Situation sicher halten können, damit ich mein wahres Wesen leben und nach aussen entfalten kann und es dadurch selbst kennenlerne.
Schuldgefühle. Scham. Wut. Sei willkommen in deiner reinsten Kraft. Lass mich lernen, dich zu halten, dich zu gebrauchen und dich zu verwandeln.
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